ZEIT, ÜBER INHALTE
ZU REDEN

Humboldt Magazin

2015

Fragen an Hermann Parzinger,
den Präsidenten der
Stiftung Preußischer Kulturbesitz
INTERVIEW: ANDREAS SCHÄFER

1. Wir stehen hier im Rohbau des Schlosses. Wo genau?

HERMANN PARZINGER Wir sind im Foyer. In der Nähe des Haupteingangs direkt unter der Kuppel. Von dieser mächtigen Eingangshalle aus verteilen sich die Wege der Besucher durch das Haus.

2. Das Humboldt-Forum öffnet erst im Jahr 2019. Warum jetzt dieses Magazin?

HP Na, wir feiern Richtfest! Jetzt will die Öffentlichkeit wissen: Was kommt da überhaupt rein? Und was geht mich das an? Viele haben die Vorstellung: Da gibt es ein Völkerkundemuseum und vielleicht noch irgendetwas dazu – aber es ist natürlich ganz anders. Und dafür wollen wir werben. Für die herausragende Qualität der Sammlungen zur Kunst und Kultur Afrikas, Asiens, Ozeaniens und Amerikas, die aus Dahlem in ein ganz neues Quartier zurückkehren: ins Zentrum. Es ist eine riesige Chance für Berlin, dass im Herzen der Stadt ein Ort der Weltkultur entsteht.

3. Die Sammlungen des Ethnologischen Museums und die des Museums für Asiatische Kunst werden im zweiten und dritten Stock gezeigt. Verändert der Umzug unseren Blick auf die Objekte?

HP Der Blick wird sich radikal ändern. Im neuen alten Berliner Schloss stellt sich die Frage nach der Sammlungsgeschichte ganz besonders: Objekte aus dem Kontext des Kolonialismus führen zur Frage nach Ursachen und Folgen der von Europa diktierten Weltordnung des 18. und 19. Jahrhunderts, an deren Nachwirkungen die Welt noch heute leidet. Und wir schlagen eine Brücke zu den Hochkulturen des Nahen Ostens und Europas auf der Museumsinsel. Das sind nur zwei neue Perspektiven.

4. Was ist der Unterschied zwischen der Präsentation in Dahlem und der im Humboldt-Forum?

HP Die Präsentation in Dahlem folgt noch der Erzählung eines Völkerkundemuseums – eine sehr statische Ausstellung, die wenige Veränderungsmöglichkeiten zuließ. Im Humboldt-Forum werden wir viel flexibler sein können und multiperspektivisch erzählen, also in den Erzählungen auch die Stimmen der Herkunftskulturen miteinbeziehen. Und stärker als in Dahlem versuchen wir uns auch Gegenwartsthemen zu widmen: Klimawandel, Migration. Wir werden alle großen Themen behandeln, die uns heute beschäftigen.

5. Vor einigen Wochen hat die Staatsministerin eine dreiköpfige Gründungsintendanz mit Ihnen und dem Kunsthistoriker Horst Bredekamp eingerichtet, der Neil MacGregor – noch Direktor des British Museums in London – vorsitzt. Die Presse reagierte auf MacGregors Wahl und Zusage begeistert. Warum ist er der richtige Mann?

HP Neil MacGregor bringt die nötige Außenperspektive auf das Projekt Humboldt-Forum mit und ist zugleich bestens mit den deutschen Verhältnissen vertraut. Er hat eine enorme Erfahrung als Kulturmanager und Museumsmann und versteht es hervorragend, Menschen zu begeistern. Jetzt wird es darum gehen, das Konzept des Humboldt-Forums mit einem Veranstaltungsprogramm zu verzahnen, damit es für die Menschen noch greifbarer wird.

6. Sie zeigen hier eine Maske aus Nordamerika.
Was hat es mit ihr auf sich?

HP Das ist eine Nulis-Maske. Diese Masken werden von indianischen Gruppen an der Westküste Kanadas heute noch bei rituellen Festen getragen. Sie symbolisieren dabei die Großzügigkeit, mit der Geschenke an die Gäste verteilt werden. So sollen die Menschen auch das künftige Humboldt-Forum empfinden. Die Nulis-Maske steht aber auch für unsere enge Zusammenarbeit mit indigenen Partnern, den Nachkommen derjenigen, die diese Objekte geschaffen haben.

7. Dieses Areal mit seinen Höfen ist riesig und weitläufig. Haben Sie den Überblick, wie viele Cafés oder Restaurants es hier geben wird?

HP Allein rund um den Schlüterhof schon eine Menge: Restaurants, Museumsshops, Buchläden. Im Sommer werden die Menschen draußen sitzen, auf den Terrassen hin zum Lustgarten und zur Spree. Das Humboldt-Forum ist eine Verlängerung der Museumsinsel, wenn man so will. Ein Element der Stella’schen Architektur ist das Schlossforum: eine Passage, die von der Breiten Straße direkt zur Museumsinsel führt. Die Menschen sollen dies als einen Ort empfinden, wo man einfach gern hingeht. Das Humboldt-Forum soll ein Ort des Hindurchwandelns sein!